Welcome to The Helen Mirren Archives, your premiere web resource on the British actress. Best known for her performances with the Royal Shakespeare Company, "Prime
Suspect" and her Oscar-winning role in "The Queen", Helen Mirren is one of the world's most eminent actors today. This unofficial fansite provides you with all latest
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Für ihre Rolle als Queen bekam sie den Oscar. Jetzt spielt sie eine Kommunistenjägerin. Ein Gespräch mit Helen Mirren über Rassismus in Hollywood, Donald Trump und fiesen Boulevardjournalismus.
Die Rolle ihres Lebens scheint sie immer in sich zu tragen. Ein bisschen jedenfalls. Als Helen Mirren den Raum eines Londoner Hotels betritt, glaubt man, die Queen vor sich zu haben – na gut, eine etwas jüngere Version. Mit kerzengeradem Rücken thront sie in ihrem Sessel. Dann werden wir in die Realität zurückgeholt: Immer wieder zupft sich Mirren die Haarsträhnen aus dem Gesicht. Würde die Queen nie machen. Never. Und dann flucht sie auch noch – so bedrohlich, dass einem angst und bange werden kann.
Die Welt: Können wir über die Oscars reden?
Helen Mirren: Was wollen Sie denn wissen?
Die Welt: Die Filmpreis-Verleihung macht immer wieder politische Schlagzeilen – nicht erst seit den Rassimus-Vorwürfen in diesem Jahr. Letztes Mal etwa forderte Ihre Kollegin Patricia Arquette in einer Wutrede, endlich gleiche Löhne für Frauen einzuführen – nicht nur gesamtgesellschaftlich, sondern eben auch in Hollywood.
Mirren: Ja, und einige dachten, die Oscar-Verleihung sei nicht der richtige Rahmen, um eine politische Rede zu halten.
Die Welt: Was dachten Sie denn?
Mirren: Ich habe Patricia für diese Rede bewundert. Sie wusste: Dies ist ihr Moment, um ein sehr großes Publikum erreichen zu können. Ihre Rede hatte Auswirkungen bis in die Politik.
Die Welt: Obama hat schon seit Längerem gleiche Löhne für Frauen gefordert, in Kalifornien wurde das in der Folge durch den „Fair Pay Act“ bestätigt.
Mirren: Diese Rede zeigte Wirkung. Über das Thema an sich war ja schon vorher debattiert worden, aber nicht in dieser Weise, in solch einem Rahmen. Ich finde meine jüngeren Kolleginnen wie Jennifer Lawrence oder Emma Watson in der Hinsicht ganz fantastisch. Und ich dachte für mich: Du solltest ihrer Führung folgen.
Die Welt: Sie haben sich nie insgeheim gesagt: „Hört mal auf zu jammern, im Vergleich zu dem, was ich in jungen Jahren durchmachen musste, ist das alles nicht so dramatisch“?
Mirren: Nein. Ich liebe es, dass diese jüngeren Kolleginnen keine Angst haben, diese Ungerechtigkeiten offen zu kritisieren.
Die Welt: War das bei Ihnen anders?
Mirren: Frauen meiner Generation hatten damals Angst, darüber zu sprechen. Wobei, das stimmt jetzt nicht ganz. Wir haben schon öffentlich darüber gesprochen – nur hat das damals niemanden groß interessiert. Niemand hörte zu. Damals gab es keine großen Presseberichte darüber, nicht so wie heute. Und das laste ich den damaligen Medien an, die sich entschlossen, eben nicht darüber zu berichten. Du konntest diese Ungerechtigkeit damals anprangern, bis du blau im Gesicht warst – niemand schrieb darüber. Das hat sich inzwischen weltweit verändert. Das ist wie eine Welle, die zumindest an den Küsten der westlichen demokratischen Länder aufschlägt. Die Oscar-Rede von Patricia war in der Hinsicht sehr wichtig.
Die Welt: In diesem Jahr wurden in allen Darsteller-Kategorien nun zum wiederholten Male nur weiße Schauspieler nominiert. Die Academy-Präsidentin Cheryl Boone Isaacs hat jetzt angekündigt, bis 2020 die Zahl von Frauen und Minderheiten in der Zusammensetzung der Academy zu verdoppeln. Glauben Sie daran?
Mirren: Ja. Da wird jetzt etwas passieren. Cheryl hat diese Veränderungen in Gang gesetzt. Und sie waren meiner Ansicht nach absolut notwendig.
Die Welt: Afroamerikanische Filmkünstler wie Spike Lee und Will Smith boykottieren die Oscar-Verleihung, andere, wie Charlotte Rampling, sprechen von falsch verstandener Gerechtigkeit – die Preise würden schließlich für Leistung, nicht wegen der Hautfarbe vergeben.
Mirren: In dieser Debatte gab es auf beiden Seiten gute und schlechte Argumente. Und, ja, dabei gehen auch mal Dinge zu Bruch.
Die Welt: Die „L.A. Times“ hat die Zusammensetzung der Oscar-Academy mal recherchiert: 94 Prozent der 7000 Mitglieder sind demnach weiß, 77 Prozent davon Männer, das Durchschnittsalter beträgt 62 Jahre.
Mirren: Ich weiß. All das zeigt, dass der jetzt eingeleitete Wandel absolut notwendig ist. Noch wichtiger wäre es allerdings, sich einmal genauer anzuschauen, was passiert, bevor ein Film überhaupt für einen Oscar nominiert wird.
Die Welt: Was meinen Sie damit?
Mirren: Mein Ehemann, der US-Regisseur Taylor Hackford, hat beispielsweise mit dazu beigetragen, dass die beiden Latino-Schauspieler Benjamin Bratt und Jesse Borego durch seine Filme „Verschworen auf Leben und Tod“ sowie „La Bamba“ einem großen Publikum bekannt wurden. Beide waren vorher gänzlich unbekannt. Nun ist Taylor auch ein Weißer, das ist mir bewusst. Was ich sagen will: Er hat auf seine Weise mitgeholfen, in den Filmen die Rassenfrage zu überwinden. Davon mal abgesehen, sollten wir uns bei solchen Debatten auch fragen, was das Publikum sehen will. Das ist dann eine Grundsatzfrage: Diktiert uns das Publikum, was für Filme wir machen sollen? Oder sind wir es, die dem Publikum vorschlagen, was es sich ansehen soll?
Die Welt: Wie beantworten Sie diese Grundsatzfrage?
Mirren: Manchmal sind wir es, die dem Publikum sagen, was es sich ansehen sollte. Wenn wir Glück haben, sagen sie: „Oh mein Gott, wir haben gar nicht mitbekommen, wie viel Spaß dieser Film macht. Wir haben zwar nicht um ihn gebeten, aber wir lieben ihn.“ Dann kommt es immer wieder vor, dass bestimmte Filme vom Publikum regelrecht abgestoßen werden. Das ist für Hollywood jedes Mal ein Rückschlag, dann wird wieder neu nachgedacht, was für Filme man künftig finanzieren wird. Es ist nun mal sehr teuer, einen Film herzustellen. Am Ende eines Tages muss er sich finanziell rechnen. Hollywood ist eine Filmindustrie – keine Kunstform, die von der Regierung subventioniert wird.
Die Welt: In Ihrem neuen Film „Trumbo“ wird jetzt ein länger zurückliegendes, düsteres Kapitel in der Geschichte Hollywoods beleuchtet: Ende der 40er wurden zehn Drehbuchautoren zur Haftstrafen verurteilt, weil sie Mitglieder der Kommunistischen Partei waren. Der erfolgreichste, Dalton Trumbo, konnte später nur unter Pseudonym Drehbücher schreiben. Darunter zwei Filme, die mit dem Oscar prämiert wurden – die Preise wurden ihm erst Jahrzehnte später offiziell zuerkannt.
Mirren: Unser Film zeigt, wie wichtig die Meinungsfreiheit ist. Als Künstler haben wir die Aufgabe, die Gesellschaft, die Welt um uns herum zu reflektieren und infrage zu stellen. Und oft ist es ja so, dass die Stimmen von Künstlern als erste zum Verstummen gebracht werden. Es erschreckt mich immer wieder, wenn ich sehe, was Künstlern widerfährt, in jenen Ländern, die keine Meinungsfreiheit haben. Nehmen Sie nur den Dichter im Iran, der erst kürzlich verhaftet worden ist. Ich bin daher eine große Bewunderin von Comedians, besonders von Stand-up-Comedians. Sie sind moderne Hofnarren. In „König Lear“ wagt es der Hofnarr als Einziger, im Angesicht der Macht die Wahrheit auszusprechen – durch die Komödie. Das ist die Rolle von Komikern. Ich glaube an die Redefreiheit – besonders an die von Komikern. Wobei mir auch bewusst ist, dass Redefreiheit in unseren Zeiten ein schwieriges Thema ist. Man wünscht sich einerseits absolute Redefreiheit, aber andererseits keine Hassreden und -posts. Ein Dilemma: Ich will nicht, dass unter dem Banner der Redefreiheit die Hassreden gedeihen.
Die Welt: Der Film zeigt den Hass auf Kommunisten in den USA der McCarthy-Ära. Glauben Sie noch, dass solche Filme einen historisch aufklärerischen Einfluss haben, wenn Sie sich den entgrenzten Hass im gegenwärtigen US-Wahlkampf ansehen, wie ihn vor allem Donald Trump äußert?
Mirren: Ich frage mich, ob das nicht die ganze Zeit schon an den Rändern der US-Gesellschaft gelauert hat. Was würde wohl passieren, wenn sich die extreme Rechte in den USA durchsetzte? Die Ted Cruzes, die Marco Rubios oder eben Donald Trump (lacht). Auf eine bizarre, komische Weise ist Donald Trump weniger extrem als die beiden eben genannten Kandidaten der Republikaner. Es scheint derzeit so, als würde in den USA lauthals gefordert, künftig auf eine Stimme von ganz weit rechts zu hören. Wenn so eine Stimme dort an die Macht käme, weiß ich nicht, welche Auswirkungen das für unsere Gesellschaft und unsere Kultur hätte.
Die Welt: Sehen Sie sich als politische Künstlerin?
Mirren: Ich weiß es nicht. Ich kritisiere mich selbst sehr oft, weil ich mich doch eher zurückhalte und meine Meinung nicht in die Öffentlichkeit trage.
Die Welt: Warum? Sie haben Patricia Arquette doch gerade dafür gelobt?
Mirren: Inzwischen denke ich ja manchmal: Vergiss deine Vorsicht. Sag einfach, was du denkst, woran du glaubst. Nur, das mache ich nicht oft. Nicht oft genug. Natürlich möchte auch ich, dass die Leute mich mögen. Wenn jemand in meiner Position heute etwas öffentlich sagt, kann es passieren, dass deine Worte aus dem Kontext gerissen und dann sofort weltweit verbreitet werden. Selbst in solch einem Kontext wie unserem Gespräch jetzt. Ich würde mir wünschen, dass ich da ungezwungener wäre. Aber ich habe in all den Jahren gelernt, dass ich das nie sein kann. Ich muss immer aufpassen. Was auch immer ich sage – ich könnte es ja auch nur als Witz gemeint haben –, es kann aus dem Kontext gerissen und aufgeblasen werden. Schlagzeilen im Internet und in den sozialen Netzwerken holst du nicht mehr zurück. Das macht es viel schwieriger.
Die Welt: In „Trumbo“ verkörpern Sie jetzt die einflussreiche und überaus intrigante Hollywood-Klatschkolumnisten Hedda Hopper, eine Frau, die in der damaligen Zeit Kommunisten jagte und keine Skrupel hatte. So wie Sie diese Rolle spielen, bekommt man den Eindruck, dass Sie sehr viel Spaß bei der Arbeit hatten.
Mirren: Ich habe es geliebt, eine Frau zu spielen, die wie eine Cartoon-Figur wirkte. Aber sie war keine Wischiwaschi-Person. Sie war sehr kämpferisch, sehr skrupellos, sehr starrsinnig und sehr erfolgreich. Sie hat bestimmte Wesenszüge einfach abgestreift – das Feminine, das Menschliche. Es gibt in dem Film eine Szene, die ich sehr liebe. Ich stehe im Büro eines Studio-Bosses, den ich unter Druck setze, den kommunistischen Drehbuchautoren Dalton Trumbo nicht mehr zu beschäftigen. Und dann sage ich ihm ins Gesicht (sie beugt sich nach vorn, funkelt mit den Augen): „You tried to fuck me once. And now, I am quite happy to fuck you.“ (lacht)
Die Welt: Klingt ziemlich furchterregend, wie Sie das sagen.
Mirren: Nicht wahr? Das war mal wirklich ein großartiger Satz in dem Drehbuch.
Die Welt: Hedda Hopper war ein Machtmensch, der andere wegbeißen konnte, Karrieren zerstört hat. Und sie war, wie Sie gerade in dem Beispiel demonstriert haben, offenbar sehr nachtragend…
Mirren: …und jetzt wollen Sie von mir wissen, ob ich auch nachtragend bin?
Die Welt: Sind Sie es?
Mirren: Hängt davon ab, worum es geht. Bei manchen Dingen bin ich schon nachtragend. Ja, das bin ich. Aber mit zunehmendem Alter wird das weniger. Das ist einer der großen Vorteile des Älterwerdens. Weil mir klar wird, was für eine Zeitverschwendung es ist, sich damit zu beschäftigen. Aber es gibt gewisse Grausamkeiten der Vergangenheit, die mich noch heute wütend machen, wann immer ich daran denke – oft wurden sie von Medien begangen, das muss ich Ihnen jetzt mal so sagen.
Die Welt: Zum Beispiel?
Mirren: Es gibt eine Geschichte, die mich bis heute sehr wütend macht. Sie betraf nicht mich selbst, sondern meinen verstorbenen britischen Kollegen Nigel Hawthorne. Er war homosexuell, lebte mit einem Mann zusammen, hatte daraus auch nie ein Geheimnis gemacht. Er hatte ihn oft zu den Premieren mitgenommen. Nur hatte Nigel nie in einem Interview explizit bekannt: Ich bin schwul. Er hat sein Privatleben privat gehalten. Er hatte seine Homosexualität aber auch nicht versteckt. Er hat nie vorgegeben, etwas zu sein, was er nicht war. Dann wurde er für einen Oscar nominiert – für seine Rolle in „King George – Ein Königreich für mehr Verstand“. Ich fand: Er hatte diese Würdigung absolut verdient. Nigel war ein brillanter Schauspieler, ein unglaublich liebenswürdiger Mensch, ein fantastischer Mann. Es war das einzige Mal, dass er für einen Oscar nominiert war. Am Morgen der Oscar-Verleihung erschien dann ein großer Artikel über ihn in einer Zeitung: Über den Mann, der den „King“ spielte und im wirklichen Leben eine „Queen“, also schwul war. Die Haltung war: Und so einer sollte einen Oscar bekommen? Das war teuflisch! Die Zeitung schrieb dann über sein „Liebesnest“, wohin er sich mit seinem Partner zurückzog. Das war auf widerliche Weise zugespitzt – denn im Grunde war bekannt, dass er die vergangenen 30 Jahre mit seinem Partner in einem Cottage gelebt hatte.
Die Welt: Das regt Sie heute noch auf.
Mirren: Es war eine bösartige, homophobe Attacke. Und sie wurde bewusst genau am Morgen der Oscar-Verleihung veröffentlicht. Wie Sie sehen, bringt mich das jetzt noch zum Weinen, wenn ich darüber rede. (Sie macht eine Pause.) Das kotzt mich an! Wo ich jetzt wieder darüber gesprochen habe, fällt mir ein: Ich muss noch mal recherchieren, welcher Journalist damals dafür verantwortlich war. Das ist das einzig Gute am Internet – du kannst so was schnell herausfinden.
Die Welt: Sie werden ihm wohl nie ein Interview geben?
Mirren: Nein. Mehr als nur das nicht.